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1. Einleitung

Der Unternehmer Ulrich P, einziger Geschäftsführer der U Maschinenbau GmbH verunglückt mit seinem Motorrad schwer und befindet

sich 3 Monate im Koma. Da medizinische Entscheidungen zu treffen sind, wird der Sozialpädagoge Brunner als Berufsbetreuer für P bestellt.
Der zuständige Richter lehnt die Ehefrau des P als Betreuerin ab, weil der gemeinsame Sohn ihm (wahrheitswidrig) über die angeblich
zerrüttete Ehe der beiden berichtet.

Im Unternehmen verweigert die Hausbank die Gewährung eines dringend benötigten Kontokorrentkredits, weil die GmbH ihr das Warenlager
nicht sicherungsübereignen kann. Obwohl die Ehefrau des P mit 25 % an der GmbH beteiligt ist, kann sie mangels Vertretungsbefugnis
nicht wirksam die Sicherungsübereignung veranlassen. Als sie 2 Monate nach dem Unfall vom Amtsgericht endlich zur Notgeschäftsführerin
bestellt wird, lehnt die Bank weitere Verhandlungen ab. Da zwischenzeitlich die Löhne teilweise nicht gezahlt werden konnten,
haben einige Mitarbeiter bereits gekündigt.

Vorsorge für das eigene Unternehmen und den Unternehmern selbst ist keine Frage des Alters und unabhängig von der möglichen Nachfolge zu betrachten. Niemand kann davor sicher sein, schon morgen durch einen Unfall oder einer schwerer Erkrankung – zumindest vorübergehend – auszufallen.

Daher sollte sich jeder – egal ob Privatperson oder Unternehmer –  einmal die Frage stellen, wer im Ernstfall Entscheidungen für ihn oder das Unternehmen treffen soll, wenn er zeitweise oder auf Dauer selbst hierzu nicht in der Lage ist. Durch geeignete Vorkehrungen lässt sich sowohl im unternehmerischen als auch im privaten Bereich sicherstellen, dass notwendige Entscheidungen getroffen werden könne, und zwar von den “richtigen” Personen.

Außerdem hat jeder Mensch das Recht, über den Grad seiner Behandlung und konkrete medizinische Maßnahmen selbst zu entscheiden. Kann sich der Patient selbst nicht äußern, müssen gesetzliche Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte in Abstimmung mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten Entscheidungen für den Patienten treffen.

Wer in einer solchen Situation die Berücksichtigung seines Willens und seiner Wertvorstellung gesichert sehen möchte, kann in einer sog. Patientenverfügung, die vor einigen Jahren im Betreuungsrecht gesetzliche verankert wurde, festlegen, ob und wie er in einer konkreten Krankheitssituation behandelt werden möchte und welche medizinischen Maßnahmen er wünscht oder ablehnt.

2. Vorsorge im privaten persönlichen Bereich

Bei einem schweren Unfall oder einer plötzlichen schweren Erkrankung sind auch im persönlichen und privaten Bereich Entscheidungen zu treffen, die der Patient – zumindest vorübergehend –  nicht für sich selbst regeln kann, etwa welche Operationen und medizinische Maßnahmen durchgeführt werden sollen oder wer sich um das Vermögen oder die privaten Bankgeschäfte des Patienten kümmert.

Viele Menschen sind in der glücklichen Lage, dass Familienmitglieder, der Ehepartner oder Lebensgefährte, andere Angehörige oder Freunde vorhanden sind, die diese Aufgaben gerne und gewissenhaft übernehmen.

Hinweis:
Sind aber rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben oder Entscheidungen zu treffen, dürfen diese Personen den Patienten nicht ohne weiteres vertreten.  Lediglich Eltern haben gegenüber ihren minderjährigen Kindern ein umfassendes Sorgerecht und damit Vertretungsrecht in allen Angelegenheiten, §§ 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1 BGB.

Für Volljährige Patienten können Dritte, also auch Familienangehörige oder selbst der Ehepartner dagegen nur dann entscheiden und rechtsverbindliche Erklärungen abgeben, wenn sie eine entsprechende Vollmacht haben oder durch das Betreuungsgericht zum Betreuer bestellt wurden.

2.1 Die gesetzliche Betreuung, §§ 1896 ff. BGB

Mit dem Betreuungsgesetz wurde mit Wirkung ab 01.01.1992 die früherer Entmündigung, Vormundschaft für Erwachsene und Gebrechlichkeitspflegschaft durch die gesetzliche Betreuung ersetzt.

Notwendigkeit der Betreuung
Ein Betreuer wird vom Betreuungsgericht bestellt, wenn und soweit dies notwendig und erforderlich ist, weil eine volljährige Person krankheitsbedingt ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann.

Die Auswahl des Betreuers hat das Gericht nach dem Wohl des betreuten vorzunehmen. Es hat bei seiner Wahl zwar auf die verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen des Volljährigen Rücksicht zu nehmen, muss aber gleichzeitig auch mögliche Interessenkonflikte verhindern.  Es besteht immer die Gefahr, dass das Betreuungsgericht nicht die Person der Familien- oder Verwandtenkreis auswählt, die de Betreute sich gewünscht hätte oder dass sogar ein fremder Dritter bestellt wird, weil dies aus Sicht des Betreuungsgerichts für den Patienten die beste Betreuung gewährleistet.

Wer die Notwendigkeit einer gesetzlichen Betreuung weitestgehend verhindern möchte, hat hierzu nach § 1896 Abs. 2 BGB durch Bevollmächtigung eines Dritten die Möglichkeit.

Hinweis:
Soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. darf das Gericht keinen Betreuer bestellen. We eine (wirksame und weiterhin gültige) Vorsorgevollmacht erteilt, solange er hierzu rechtlich in der Lage ist, schließt dadurch die Bestellung eines Betreuers aus.

2.2 Vorsorgevollmacht

Die Vorsorgevollmacht ermöglicht ein hohes Ma an Selbstbestimmung. Mit ihr kann der Volljährige nahezu uneingeschränkt selbst festlegen, wer im Bedarfsfall an seiner Stelle wichtige Entscheidungen treffen und Rechtsgeschäfte für ihn wahrnehmen soll. Anders als ein Betreuer kann der Vorsorgebevollmächtigte (soweit der Vollmachtgeber keine Vorgaben gemacht hat) frei über die Angelegenheiten des Vollmachtgebers entscheiden und ist dem Betreuungsgericht nicht rechenschaftspflichtig.

Hinweis:
Die Vorsorgevollmacht, Form und Inhalt, Art und Weise der Erteilung oder Grenzen sind spezialgesetzlich nicht definiert. Ihre Existenz wird aber in den Bestimmungen des Betreuungsrechts vorausgesetzt.

Es empfiehlt sich, in der Vorsorgevollmacht seiner Vertrauensperson eine umfassende Bevollmächtigung zu erteilen. Sie kann aber auch auf bestimmte Aufgabengebiete beschränkt werden. Für Angelegenheiten, die von der Vorsorgevollmacht nicht umfasst sind, ist im Bedarfsfalle durch das Betreuungsgericht nach § 1896 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 BGB ein gesetzlicher Betreuer zu bestellen.

Damit keine Zweifel entstehen, wie weit die Vollmacht tatsächlich reicht und ob ein konkretes Handeln des Bevollmächtigten tatsächlich vom (heutigen) Willen des Vollmachtgebers umfasst war, sollte von einer “Generalvollmacht” – wie nachfolgend – abgesehen werden:

“… bevollmächtigte ich meine Ehefrau zu vollumfänglichen Vertretung in allen meinen Angelegenheiten…”

Auch wenn die Vorsorgevollmacht vollumfänglich erteilt werden soll, empfiehlt es sich die Regelungsbereiche einzeln zu benennen.
Es kommen in Frage:
– Gesundheitssorge
– Pflegebedürftigkeit
– Sonstige persönliche Angelegenheiten
– Aufenthaltsbestimmungsrecht
– Vertretung bei und gegenüber Behörden und Gerichte
– Vermögenssorge
– Post und Fernmeldeverkehr

Soll der Bevollmächtigte die Einwilligung in bestimmte gefährliche ärztliche Maßnahmen im Sinne des § 1904 Abs. 1 u. 2 BGB oder zur Unterbringung bzw. anderen Maßnahmen der Freiheitsentziehungen geben oder verweigern dürfen, muss die Vorsorgevollmacht die Maßnahmen ausdrücklich enthalten (§§ 1906 Abs. 5 und 1906a Abs. 5 S. 1 BGB).

Hinweis:
Beim Einzelunternehmer können im Rahmen einer Vorsorgevollmacht die Grenzen zwischen der Wahrnehmung privater und geschäftlicher Angelegenheit durch den Bevollmächtigten verschwimmen. Im Bereich der Vermögenssorge wird der Bevollmächtigte oftmals sowohl Interessen der Geschäftsbetriebs als auch des privaten Vermögens des Unternehmers wahrnehmen. Es kann sich daher anbieten, im Rahmen der Vorsorgevollmacht Handlungsvollmacht oder Prokura zu erteilen. (vgl. -> Kapitel 3.2).

Grundsätzlich kann jede natürliche Person im Rahmen einer Vorsorgevollmacht als Bevollmächtigter bestellt werden.

Hinweis:
Wer zu einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung, in welcher der Volljährige untergebracht ist oder wohn, in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung steht, darf nicht Bevollmächtigter sein, §§ 1897 Abs. 3, 1896 Abs. 2 BGB.

Die Vorsorgevollmacht ist nicht auf einen Bevollmächtigten beschränkt. Es können auch mehrere Personen bestellt werden, z.B. zur gemeinsamen Vertretung, als Bevollmächtigte für verschiedene Aufgabengebiete (etwa ein Bevollmächtigter für die Gesundheitsfürsorge, ein anderer für Vermögensangelegenheiten) oder als Haupt- und Ersatzbevollmächtigter. 

Form der Vorsorgerollmacht
Die Vorsorgevollmacht unterliegt grundsätzlich keiner bestimmten Formvorschrift. Sie könnte daher auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten erteilt werden. Aus Gründen der Klarheit und Beweiskraft sowie nicht zuletzt auch zu Gunsten ihrer Anerkennung im Geschäftsverkehr gebietet sich jedoch die schriftliche Abfassung
einer Vorsorgevollmacht.

Die Erteilung der Vollmacht bedarf allgemein keiner notariellen Beurkundung (§ 167 BGB). Soll der Bevollmächtigte aber die Berechtigung zum Abschluss eines Verbraucherdarlehens für den Vollmachtgeber haben, oder ist der Vollmachtgeber Grundstücksinhaber oder Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft
(insbesondere einer GmbH) kann sich die Notwendigkeit der notariellen Beurkundung ausnahmsweise ergeben. Zur Wahrnehmung von Bankangelegenheiten für den Vollmachtgeber ist nach den AGB der Banken und Sparkassen oftmals die Hinterlegung der Unterschrift des Bevollmächtigten beim Kreditinstitut notwendig.

2.3 Betreuungsverfügung

Der Volljährige, der keine Vorsorgevollmacht erteilen möchte, hat alternativ die Möglichkeit, eine bestimmte Person vorzuschlagen, die zum Betreuer bestellt werden soll, wenn er seine Angelegenheiten nicht selbst besorgen kann. Das Betreuungsgericht hat diesem Vorschlag zu entsprechen, wenn es dem Wohl des Volljährigen
nicht zuwider läuft (§ 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB). Ebenso kann der Volljährige bestimmte Personen von einer möglichen Bestellung zum Betreuer ausschließen (§ 1897 Abs. 4 Satz 2 BGB).

Wie der Vorsorgebevollmächtigte nimmt auch der Betreuer die Angelegenheiten des Betreuten war. Allerdings ist er in der Wahl seiner Entscheidungen weiter eingeschränkt als der Vorsorgebevollmächtigte. Insbesondere muss der Betreuer den Wünschen des Betreuten entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft
und es dem Betreuer zuzumuten ist.

Hinweis:
Neben der Mitbestimmung bei Auswahl der Person des Betreuers können in der Betreuungsverfügung also auch Wünsche und Vorstellungen für den Fall der Betreuungsbedürftigkeit geregelt werden.

Für eine Betreuungsverfügung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Jedoch ist aus Beweisgründen die schriftliche Abfassung anzuraten.

2.4 Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung?

  • Ob die Vorsorgevollmacht oder die Betreuungsverfügung vorzuziehen ist, hängt stark von der Situation des Einzelnen ab. Bei der Entscheidung, sollte auch im Interesse der Vertrauensperson berücksichtigt werden, dass der Betreuer – nicht aber der Vorsorgebevollmächtigte – einer Vielzahl gesetzlicher Pflichten unterliegt, z. B.:
  •  
  • Der Betreuer ist dem Betreuungsgericht zur Auskunft verpflichtet und hat regelmäßig über seine Tätigkeiten zu berichten.
  • – Die Aufsicht des Betreuungsgerichts erstreckt sich über die gesamte Tätigkeit des Betreuers (nicht nur auf einzelne Aufgabenkreise).
  • – Bei Pflichtverletzung ist ein Zwangsgeld gegen den Betreuer möglich.
  • – Ist der Betreuer zur Vermögensverwaltung bestellt, hat er hierüber Rechnung zu legen (Fertigung eines Vermögensverzeichnisses, Aufstellung über Kontobewegung, Vorlage aller Belege etc.).
  • – Bei vielen Entscheidungen muss der Betreuer zuvor Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen.
  •  
  • 2.5 Registrierung im Vorsorgeregister

    Für die Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht oder einer Betreuungsverfügung ist eine Veröffentlichung, Hinterlegung oder ein sonstiges „in Verkehr bringen“ nicht erforderlich.
  •  
  • Damit aber das Betreuungsgericht in jedem Fall Kenntnis von der Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung erlangt, besteht die Möglichkeit diese gebührenpflichtig beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotkammer registrieren zu lassen.

Die Mitwirkung eines Notars ist für die Registrierung der Vorsorgevollmacht beim Vorsorgeregister nicht notwendig. Sie kann auch durch Privatpersonen erfolgen. Die anfallende Gebühr beträgt derzeit zwischen 13 und ca. 25 Euro.

2.6 Patientenverfügung nach § 1901a BGB

Neben der Benennung eines Bevollmächtigten oder gewünschten Betreuers in der Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung, kann in einer Patientenverfügung der Wille über die Art und Weise ärztlicher Behandlung für den Fall festgelegt werden, dass eine Person hierüber selbst nicht mehr entscheiden kann.

Eine Patientenverfügung  kann jeder Volljährige verfassen, der einwilligungsfähig ist, der also die Art, die Bedeutung, die Tragweite und die Risiken einer beabsichtigten medizinischen Maßnahme bzw. deren Ablehnung verstehen und seinen Willen hiernach bestimmen kann. Die Einwilligungsfähigkeit ist von der Geschäftsfähigkeit zu unterscheiden. Letztere ist nicht Voraussetzung.

Die Errichtung einer Patientenverfügung erfolgt freiwillig. Niemand kann hierzu gezwungen werden.

2.6.1 Form der Patientenverfügung

Die Patientenverfügung muss nach der seit 01.09.2009 geltenden Neuregelung schriftlich verfasst und durch Namensunterschrift eigenhändig oder durch ein vom Notar beglaubigtes Handzeichen unterzeichnet werden (§ 1901a Abs. 1 S. 1, § 126 BGB). Der Widerruf einer einmal verfassten Patientenverfügung ist jederzeit formlos zulässig (§1901a Abs. 1S. 3 BGB).

2.6.2 Inhalt einer Patientenverfügung 

Der Inhalt einer Patientenverfügung hängt ausschließlich von der Situation des einzelnen und dessen Wertvorstellungen ab. So unterschiedlich wie diese sein können, gestaltet sich auch der Inhalt von Patientenverfügungen. Daher kann hier keine generelle Empfehlung gegeben werden.

Ein Überblick findet sich in der Broschüre „Patientenverfügung“ des Bundesministeriums der Justiz (Stand November 2017), die über den Publikationsversand der Bundesregierung, Postfach 481009, 18132 Rostock angefordert werden kann. Zum Download steht diese auf den Seiten des Bundesjustizministeriums unter „www.bmjv.de“ zur Verfügung.

Auch die Patientenverfügung kann gebührenpflichtig beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer eingetragen werden.

3. Vorsorge im geschäftlichen Bereich

Der Einzelunternehmer und der Freiberufler sind allein für Ihr Unternehmen verantwortlich. Sie sind das Unternehmen. Ihre Absicherung im geschäftlichen Bereich kann nur über privatrechtliche Vollmachten, z. B. auch im Rahmen einer Vorsorgevollmacht oder durch handelsrechtliche Vollmachten, wie Prokura oder Handlungsvollmacht erreicht werden. Eine gesetzliche Vertretung durch (weitere) Geschäftsführer ist für sie ausgeschlossen.

Juristische Person oder Personengesamtheit (Personengesellschaften) handeln dagegen nicht selbst. Sie benötigen stets eine oder mehrere natürliche Personen, die die Geschäftsführung und Vertretung des Unternehmens ausüben. Um für solche Unternehmen die Handlungsunfähigkeit bei Ausfall eines Verantwortlichen zu verhindern, können vorsorglich weitere gesetzliche Vertreter eingesetzt werden, wenn nicht ohnehin handlungsfähige Personen vorhanden sind.

3.1 Gesetzliche Geschäftsführungs- und Vertretungsregelung für verschiedene Unternehmensformen und Wirkungen des Ausfalls des Unternehmers sowie Vorsorgemöglichkeiten

3.1.1 Personengesellschaften

Für Personengesellschaften gilt der Grundsatz der Selbstorganschaft, d. h. die Geschäftsführung und die Vertretung der Gesellschaft obliegen einem, mehreren oder sämtlichen Gesellschaftern einzeln oder gemeinschaftlich. Dritte sind von der Geschäftsführung und gesetzlichen Vertretung ausgeschlossen. Es darf also nicht einfach ein fremder Geschäftsführer bestellt werden.

Die gesetzlichen Vertretungsvorschriften sind für die verschiedenen Personengesellschaften unterschiedlich ausgestaltet. Daher muss die mögliche Vorsorgemaßnahme auch individuell auf die jeweilige Rechtsform angepasst werden.

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Nach § 709 BGB steht die Führung und Vertretung der GbR den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Für jedes Geschäft ist die Zustimmung und das Handeln aller Gesellschafter erforderlich.  

Ohne abweichende Regelung im Gesellschaftervertrag kann die Gesellschaft bei vorübergehendem Ausfall auch nur eines Gesellschafters bis zu dessen Rückkehr nicht mehr wirksam handeln.

Beispiel:
Die A, B und C GbR möchte für die Gesellschaft wegen der günstigen Finanzierungszinsen eine Immobilie erwerben. Im Gesellschaftsvertrag haben die Gesellschafter A, B und C zur Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis nichts geregelt. Da den notariellen Kaufvertrag wegen der Gesamtvertretungsbefugnis nach §§ 710, 714 BGB nur alle drei Gesellschafter gemeinschaftlich unterzeichnen können, kann der Kaufvertrag erst mit einem Jahr Verspätung abgeschlossen werden, als C von einer Reha-Maßnahme nach einem Schlaganfall in das Unternehmen zurückkehrt. Zu diesem Zeitpunkt sind die Zinsen bereits um einen Prozentpunkt gestiegen.

Die in §§ 710, 714 BGB enthaltene Gesamtvertretungsregelung bei der GbR kann überwiegend im Gesellschaftsvertrag abgeändert werden. Es kann sich daher anbieten, die Geschäftsführung und Vertretung nach dem Vorbild der OHG oder der Partnerschaft auszugestalten und den Gesellschaftern Einzelgeschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis einzuräumen. Sind mehr als zwei Gesellschafter vorhanden, könnte der Gesellschaftsvertrag z. B. auch bestimmen, dass immer zwei Gesellschafter gemeinsam berechtigt sind. Dadurch behindert der Ausfall eines Gesellschafters nicht die Handlungsfähigkeit des gesamten Unternehmens.

Offene Handelsgesellschaft (OHG) und Partnergesellschaft (PartG)

Die Regelungen zur Geschäftsführung und Vertretung der OHG und der Partnerschaftsgesellschaft sind überwiegend deckungsgleich. Bei beiden Gesellschaften ist zur Geschäftsführung und zur Vertretung grundsätzlich jeder Gesellschafter einzeln berechtigt und verpflichtet, sofern er nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen ist (§ 114 Abs. 1 HGB, § 125 Abs. 1 HGB). Die Anordnung von Gesamtvertretung ist im Gesellschaftsvertrag zulässig (§ 125 Abs. 2 HGB).

Der vorübergehende Ausfall eines Gesellschafters hat bei der OHG und bei der PartG grundsätzlich keine gravierenden Auswirkungen.

Soweit im Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung getroffen, insbesondere nicht die Gesamtvertretung angeordnet wurde, können die Übrigen die Gesellschaft weiterhin wirksam vertreten.

Beispiel:
Die A, B und C OHG möchte einen Investitionskredit über 1 Million Euro abschließen. Der Gesellschafter C liegt nach einem schweren Motorradunfall im Krankenhaus. Er befindet sich zwar schon außer Lebensgefahr, ist aber weiterhin nicht ansprechbar.

Der Gesellschafter A unterschreibt für A, B und C OHG wirksam den Investitionskreditvertrag bei der Bank.

Soll im Gesellschaftsvertrag eine abweichende Gesamtvertretungsberechtigung angeordnet werden und sind mehr als zwei Gesellschafter vorhanden, sollte zumindest bestimmt werden, dass das Zusammenwirken zweier Gesellschafter zum Handeln ausreicht.


Kommanditgesellschaft (KG)

Bei der KG haften die Kommanditisten – anders als die Komplementäre, die wie die Gesellschafter der OHG mit ihrem gesamten Privatvermögen für die  Gesellschaftsverbindlichkeiten einzustehen haben – nur mit ihrer Einlage. Daher wird die Kommanditgesellschaft von ihren Komplementären, also den persönlich haftenden Gesellschaftern vertreten. Die Kommanditistin sind nach § 164 HGB von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen.

Ist bei der KG ein Kommanditist verhindert, hat dies auf die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft grundsätzlich keinen Einfluss.

Fällt dagegen ein Komplementär aus ist zu unterscheiden:

– Ist er der einzige persönlich haftende Gesellschafter, ist die Gesellschaft führungslos. Die Kommanditisten können auch in diesem Fall die Geschäftsführung und Vertretung nicht „ersatzweise“ übernehmen.

– Sind ausnahmsweise mehrere persönlich haftende Gesellschafter vorhanden, gelten die Bestimmungen zur OHG entsprechend: Sofern keine abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag getroffen wurde, ist jeder Komplementär einzeln zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft berufen. Der Ausfall eines Komplementärs berührt die Handlungsfähigkeit nicht.

Hat die KG wie üblich nur einen Komplementär, kann im Bereich der gesetzlichen Vertretung keine Vorsorge getroffen werden. Es verbleibt wie beim Einzelkaufmann nur die vorsorgliche Erteilung einer Prokura oder Handlungsvollmacht (z. B. an einen Kommanditisten, vgl. -> Kapitel 3.2).

3.1.2 Kapitalgesellschaft (GmbH)

Die GmbH kann als juristische Person des Privatrechts (Körperschaft) nicht selbst handeln. Es bedarf also stets einer natürlichen Person für die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft.

Die Gesellschafter als solche sind von der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen. Dies gilt unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligung an der Gesellschaft, also auch für den Alleingesellschafter.

Die GmbH wird vom Geschäftsführer vertreten. Sie kann einen oder mehrere Geschäftsführer haben. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, vertritt er die Gesellschaft allein.

Hinweis:
Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie nur gemeinschaftlich  zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag bestimmt etwas anderes (§ 35 Abs. 2 S. 1 GmbHG).

Fällt bei der GmbH der
einzige Geschäftsführer aus, ist das Unternehmen führungslos. Die Geschäftsführung und Vertretung obliegt nicht – auch nicht vorübergehend oder ersatzweise – den Gesellschaftern.

Kann einer von mehreren Geschäftsführern seinen Verpflichtungen nicht nachkommen und gilt – mangels anderweitiger Regelung im Gesellschaftsvertrag –  Gesamtvertretungsbefugnis nach § 35 Abs. 2 GmbHG, führt auch dies zur Führungslosigkeit der Gesellschaft. Der verbliebene Geschäftsführer ist hier wegen § 35 Abs. 2 GmbHG nicht zur alleinigen Vertretung der Gesellschaft berechtigt.

Um die Führungslosigkeit der GmbH bei Ausfall eines Geschäftsführers zu vermeiden, können ein oder mehrere weitere Geschäftsführer vorsorglich bestellt werden. Dabei ist sicher zu stellen, dass die Geschäftsführer im Außenverhältnis die Befugnis haben, die Gesellschaft einzeln zu vertreten. Grundsätzlich ist hierfür eine von § 35 Abs. 2 GmbHG abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag notwendig. Enthält der Gesellschaftsvertrag keine entsprechende Bestimmung, ist eine Satzungsänderung zu veranlassen.

Die Aussagen zur Geschäftsführung der GmbH gelten überwiegend für den Vorstand und die Aktionäre der AG entsprechend. Wegen der geringeren praktischen Relevanz und der engen gesetzlichen Vorgaben wird in der vorliegenden Mandanten-Info auf die AG nicht näher eingegangen.

3.1.3 Gegenständliche Beschränkung der Geschäftsführung

Soll für den Fall der persönlichen Verhinderung des Unternehmers ein weiterer gesetzlicher Vertreter bestellt werden, besteht in vielen Fällen das Bedürfnis oder zumindest der Wunsch, die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Vertreters einzuschränken.

Hinweis:
Eine gegenständliche Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis ist allerdings Dritten gegenüber (im Außenverhältnis) weder für die vertretenden Gesellschafter der Personengesellschaft noch für die Organe der Kapitalgesellschaft möglich.

Allerdings kann im
Innenverhältnis, also in der Relation gesetzlicher Vertreter zur Gesellschaft, die Geschäftsführungsbefugnis durch Genehmigungsvorbehalte eingeschränkt werden. Dies erfolgt bei der Personengesellschaft durch den Gesellschaftsvertrag selbst oder einen Gesellschafterbeschluss, bei der Kapitalgesellschaft alternativ auch im Anstellungsvertrag.

Genehmigungsvorbehalte beeinflussen zwar nicht die Handlungsmöglichkeit des gesetzlichen Vertreters im Außenverhältnis, können aber ein treuwidriges Verhalten des gesetzlichen Vertreters mit der Folge seines Ausschlusses aus der Personengesellschaft oder der fristlosen Abberufung und Kündigung seines Anstellungsvertrages bei der Kapitalgesellschaft begründen. Außerdem können sich Schadensersatzpflichten ergeben.

3.2 Gewillkürte Stellvertretung im Unternehmen

Neben der gesetzlichen Vertretung besteht selbstverständlich auch für Unternehmen die Möglichkeit Dritte mit der Wahrnehmung der Interessen des Unternehmens zu bevollmächtigen.

Für diese gewillkürte Stellvertretung und die Erteilung der Vollmacht gelten die Bestimmungen nach bürgerlichem Recht (§§ 164 ff. BGB), ggf. ergänzt durch die Sonderregelungen des Handelsrechts (§§ 48 bis 58 HGB).

Die gewillkürte Stellvertretung kann die gesetzliche Vertretung des Unternehmens nicht gänzlich ersetzen, d. h. es muss grundsätzlich immer ein gesetzlicher Vertreter vorhanden sein, der in der Lage ist, für die Gesellschaft zu handeln. Für den vorübergehenden Ausfall ist die gewillkürte Stellvertretung aber in vielen Fällen ein geeignetes Mittel die völlige Führungslosigkeit des Unternehmens zu verhindern.

3.2.1 Bevollmächtigung des Stellvertreters

Bei der gewillkürten Stellvertretung beruht die Vertretungsmacht des Stellvertreters auf einer Vollmacht (§ 166 Abs. 2 Satz 1 BGB).

Die Vollmacht kann gegenüber dem Vertreter (Innenvollmacht) oder gegenüber dem Geschäftspartner (Außenvollmacht) erklärt werden. Eine wirksame Bevollmächtigung kann nur durch den bzw. die gesetzlich berufenen Vertreter des Unternehmens erfolgen.

Soweit keine unwiderrufliche Vollmacht erteilt wird, bedarf die Bevollmächtigung nicht der Einhaltung einer besonderen Form.

3.2.2 Handelsrechtliche Vollmachten

Im kaufmännischen Bereich existieren mit der Prokura und der Handlungsvollmacht ergänzend Sonderformen der gewillkürten Stellvertretung, die im Geschäftsverkehr hohe Anerkennung genießen.

Die kaufmännischen Vollmachten Prokura und Handlungsvollmacht können nur für ein Handelsgewerbe erteilt werden. Da freiberufliche, wissenschaftliche und künstlerische Tätigkeiten kein Handelsgewerbe darstellen, kommen Prokura und Handlungsvollmachten im Sinne des HGB für diese Unternehmer nicht in Betracht. Hier verbleibt es bei der Möglichkeit eine Vollmacht nach §§ 164 ff. BGB zu erteilen.

Hinweis:
Eine gute Orientierungshilfe, welche Berufe unter den Begriff der “freien Berufe” fallen bietet §1 Abs. 2 Satz 2 PartGG.

Prokura, §§ 48 ff. HGB

Die Prokura verleiht eine im Handelsgesetzbuch (HGB) festgeschriebene Vertretungsmacht, die vom Vollmachtgeber im Außenverhältnis zu Dritten nicht wirksam beschränkt werden kann (Ausnahme: Grundstücksgeschäfte). Die Prokura ermächtigt zu allen Rechtshandlungen, die der Betrieb eines (jeden) Handelsgewerbes mit sich bringt. Daher sind nicht nur alle typischen oder gewöhnlichen Geschäfte des Unternehmens erfasst, sondern alle Geschäfte die sich auf irgendein Handelsgewerbe beziehen, also mit jeder kaufmännischen Tätigkeit in Zusammenhang stehen. Der Prokurist kann damit rechtswirksam auch solche Geschäfte vornehmen, die fernab des Tätigkeitsbereichs seines Unternehmens liegen.

Prokura kann grundsätzlich jeder natürlichen Person, nicht aber an organschaftliche Vertreter (z. B. Geschäftsführer der GmbH oder Vorstand der AG), an die Mitglieder eines Aufsichtsrats, an gesetzliche Vertreter oder an Testamentsvollstrecker und Insolvenzverwalter erteilt werden.

Zulässig ist dagegen die Prokuraerteilung an von der Geschäftsführung ausgeschlossene persönlich haftende Gesellschafter der OHG oder KG, an Kommanditisten der KG sowie an Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, wenn Sie nicht zum Vorstand, Geschäftsführer oder Aufsichtsrat bestellt sind. Auch stillen Gesellschaftern kann Prokura erteilt werden.

Wegen des hohen Ansehens der Prokura im Geschäftsverkehr, dem gesetzlich festgelegten Umfang der Vertretungsmacht und der Öffentlichkeit der Prokura durch Eintragung ins Handelsregister, stellt diese eine hervorragende Möglichkeit dar, die vorübergehende Führungslosigkeit im Unternehmen zu verhindern. Dies gilt im Besonderen bei Prokuraerteilung an eine der zuletzt genannten, eng mit dem Unternehmen verbundenen Personen.

Die Prokura kann – wie jede andere Vollmacht auch – jederzeit widerrufen werden.

Handlungsvollmacht, § 54 HGB

Handlungsbevollmächtigter ist, wer – ohne Erteilung der Prokura – zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten, zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner, zu einem Handelsgewerbe gehörigen Geschäfte ermächtigt ist. Die Handlungsvollmacht wird nicht im Handelsregister eingetragen.

Die Anerkennung der Handlungsvollmacht im Geschäftsverkehr ist weniger ausgeprägt als bei der Prokura. Dies liegt sowohl an dem gesetzlich nicht definierten Umfang der Vertretungsmacht als auch am fehlenden Registerschutz.

Hinweis:
Der Vorteil der Handlungsvollmacht nach § 54 HGB liegt in der Möglichkeit, den Umfang der Vertretungsmacht – anders als bei der Prokura – wirksam auch im Außenverhältnis gegenüber Dritte beliebig festzulegen und zu beschränken.

Die Handlungsvollmacht kann dem gleichen Personenkreis erteilt werden, wie eine Prokura.

4. Schlussbemerkung

Hätte im Fallbeispiel zu Beginn der Unternehmer P seiner Ehefrau eine Vorsorgevollmacht erteilt, wäre keine gesetzliche Betreuung notwendig geworden. Statt dem fremden Sozialpädagogen Brunner als Berufsbetreuer hätte die Ehefrau über die Behandlung und die sonstigen persönlichen Angelegenheiten des P entschieden.

Außerdem wäre sie rechtlich in der Lage gewesen, die von der Hausbank geforderte Sicherungsübereignung zu veranlassen und die Liquidität sicher zu stellen, wenn er sie für die U Maschinenbau GmbH zur Prokuristin bestellt hätte.





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